Ein Jeder kennt den Klang eines traumhaft schönen, schwarz lackierten Flügels. Ob beim gehobenen Abend, einem Besuch im nächstgelegenen Sternelokal oder schlicht und ergreifend ein Klavierkonzert von Bach. Ein Instrument, das sich seit Jahrhunderten kaum in seinem Aufbau verändert hat und doch so viele Menschen begeistert. Aber was genau steckt hinter der Mechanik? Welches Holz eignet sich besonders beim Klavierbau und welche Bedingungen sind bei der Standortwahl in Wohnung oder Konzerthalle zu beachten? – Diese und viele weitere Fragen stellten sich die Schüler des Musikkurses am Ostalb-Gymnasium Bopfingen.
Um Licht ins Dunkle zu bringen beehrte uns am Dienstag, den 22.06.2021, Herr Striegel von der Meisterwerkstatt „Klavierstriegel“ aus Aalen/Ebnat.
Das meiste Interesse bezog sich unumstritten auf die Instandhaltung und Pflege eines Klaviers. Dennoch wurden auch Fragen zum Stimmen oder dem Aufbau gestellt.
Letzteres brachte besonders hervor, dass nicht nur die Wahl des Holzes bezüglich des Resonanzbodenbereichs wichtig ist (in den meisten Fällen wird dabei Fichte gewählt), sondern auch die Dicke bzw. Länge der Saiten. Ein eher kompakter Flügel benötigt so zum Beispiel kürzere und dickere Saiten mit „Masse“, um eine ordentliche Schwingung aufbringen zu können. Beim Stimmen ging es in den praktischen Teil, für den Herr Striegel die Mechanik ausbaute und im selben Zug den Aufbau der Anschlagmechanik demonstrierte. Sein Arbeitswerkzeug gleicht dem eines Chirurgen und Handwerkers. Zwischen Skalpell und Holzhobel brachte Herr Striegel auch Einzelteile in verschiedenen Ausführungen zur Anschauung hervor. Es wurde zudem erwähnt, dass das Klavier aus einem von Bartolomeo Christofori modifizierten Cembalo hervorging.
Beim Stimmen selbst musste ich gehen, da bei mir eine Chemieklausur anstand. Jedoch sollte mich dies auch nicht weiter beschäftigten, da eine Klavierstimmung ohnehin vom Profi übernommen werden sollte, um dem Instrument keine Schäden zuzuführen und gleichzeitig eine perfekte Klangqualität zu erreichen. Nebenbei muss erwähnt werden, dass ein absolutes Gehör oder die Fähigkeit, selbst Klavier spielen zu können, nicht zwingend notwendig sind.
Außerdem spielt die Platzwahl im Raum eine sehr wichtige Rolle, um besagte Schäden zu vermeiden. So sind besonders schnelle und starke Schwankungen von Temperatur und insbesondere Luftfeuchtigkeit fatal. Konstante Werte so z.B. eine Luftfeuchtigkeit von 40-65% sorgen nicht nur für eine Langlebigkeit des Klaviergenusses, sondern verringern auch die benötigte Anzahl an Klavierstimmungen jährlich. Bestenfalls lässt sich diese auf einmal jährlich oder alle zwei Jahre minimieren. Ist ein Klavier nicht nur Deko einer dekadenten Einrichtung, sondern einer hohen Gebrauchsintensität ausgesetzt, muss eine Stimmung ohnehin regelmäßig vorgenommen werden, selbst wenn man sich als Spieler an die Verstimmung gewöhnt. Besonders im Duett mit Bläsern wird man auf die notwendige Wartung aufmerksam.
Bei der Frage, inwiefern sich teurere Instrumente qualitativ lohnen, ist eine Differenzierung zwischen Leistung und Luxus notwendig. Klanglich ansprechend ist ein Klavier im Rahmen von 3.000 € und 30.000 € und ein Flügel zwischen 11.000 € und 50.000 €. Alles darüber hinaus lässt sich nicht mehr nur an der Leistung, sondern auch an der Wahl der Ressourcen begründen. Ein Designer-Konzertflügel aus Mahagoni- und Adlerholz kann damit preislich stolz mit einem Ferrari mithalten.
Daniel Stepanov